Zur Vorbereitung der Arbeit der Strukturkommission, die im HS 2022 für die Neubesetzung der beiden Professuren des Instituts einzusetzen ist, wurde das Institut gebeten, eine Evaluation seiner Studienprogramme durchzuführen. Da die Evaluation, um für die einzusetzende Strukturkommission möglichst nützlich zu sein, nicht auf vorgegebene Fragen festgelegt war, nahmen alle Stände sowohl an der Zusammenstellung der im Bericht erörterten Gegenstände wie an seiner Formulierung teil. Die erforderlichen Daten wurden vom Institut mit Hilfe des Dekanats und der zuständigen universitären Stellen zusammengetragen. Zusätzliche Informationen gaben die Evaluationen der Lehrveranstaltungen. Alle Mitglieder der Fachschaft waren durch E-Mail-Rundschreiben und die Vollversammlung vom 31. März 2022 einbezogen (ihre Stellungnahme erscheint als Anhang VI. des Berichts). Das Urteil der externen Gutachterin ist in ihrem Gutachten festgehalten (Anhang VII. des Berichts).
Am Institut für Klassische Philologie werden die folgenden Studienprogramme angeboten (vgl. KPS Art. 1, in Anhang III.):
- Bachelor-Studienprogramm Klassische Philologie mit Schwerpunkt (SP) Latein oder mit SP Griechisch (Major, 120 ECTS-Punkte);
- Bachelor-Studienprogramm Klassische Philologie mit Studienschwerpunkt Latein oder mit Studienschwerpunkt Griechisch (Minor, 60 ECTS-Punkte);
- Bachelor-Studienprogramm Klassische Philologie, Latein oder Griechisch (Minor, 30 ECTS-Punkte);
- Bachelor-Studienprogramm Basis Antike mit Studienschwerpunkt Latein oder mit Griechisch (Minor, 60 ECTS-Punkte);
- Bachelor-Studienprogramm Basis Antike mit Studienschwerpunkt Latein oder Griechisch (Minor, 30 ECTS- Punkte);
- Master-Studienprogramm Klassische Philologie mit SP Latein oder mit SP Griechisch (Major, 90 ECTS- Punkte);
- Master-Studienprogramm Klassische Philologie mit Studienschwerpunkt Latein, mit Studienschwerpunkt Mittellatein oder mit Studienschwerpunkt Griechisch (Minor, 30 ECTS-Punkte).
Allen Studienprogrammen gemeinsam ist die Betonung des Sprachstudiums. Bei Abschluss des Studiums der Klassischen Philologie sollen Absolvent*innen urteilsfähig und zu selbständiger philologischer Arbeit in der Lage sein. Das ist ohne gründliche Kenntnis der Sprachen nicht möglich.
Darüber hinaus bemühen wir uns um ein weites Verständnis unseres Fachs und um ein thematisch breites Lehrangebot. Neben den belles lettres im engeren Sinne werden regelmässig rhetorische, historische, philosophische, theologische Texte behandelt. Der zeitliche Rahmen reicht bis ins griechische und lateinische Mittelalter, in den Humanismus und zur griechischen Dichtung der Neuzeit. In der Beschäftigung mit der Antike kommt stets auch die Geschichte ihrer Wirkung und Rezeption ins Spiel. Zum Studium der Sprachdenkmäler tritt der Blick auf die Bildzeugnisse und auf die ‚Materialität‘ der Überlieferung – sowohl im Sinne historischer Dokumentation wie im Dienste der Editionsphilologie.
Eine Besonderheit des Berner Instituts ist das Prinzip des studium trilingue. Wir pflegen die enge Verbindung mit der Judaistik. René Bloch, Professor für Judaistik mit Schwerpunkt Antike und Mittelalter, ist Mitglied unseres Instituts. Der Besuch judaistischer Veranstaltungen ist integraler Bestandteil des Studiums an unserem Institut.
Unsere Studiengänge sind nicht im strengen Sinne modular aufgebaut. Eine zyklische Wiederholung des immer gleichen Veranstaltungsangebots würde in einem kleinen Fach wie dem unseren den Studentenzahlen nicht gerecht. Zwar gibt es bestimmte Verpflichtungen, die von allen erfüllt werden müssen und die in regelmässigem Turnus angeboten werden (etwa die Sprachpraxis im ‚BABA‘ und die ‚Stilübungen‘). Ansonsten richten wir uns in Absprache mit der Fachschaft auch nach dem jeweils aktuellen Bedarf – nicht zuletzt, um sicherzustellen, dass die Gruppen für eine fruchtbare Diskussionsatmosphäre gross genug sind.
Entscheidend ist, dass unsere Kandidat*innen in der philologischen Arbeit an wechselnden Autoren, Gattungen und Gesichtspunkten die unterschiedlichen Anforderungen unserer Gegenstände kennenlernen und auf diese Weise mit der Arbeitsweise, der Tradition, den Möglichkeiten und Grenzen unseres Faches vertraut werden. Unser Studienangebot verbindet daher ‚modulare‘ Elemente mit der traditionellen Konzeption exemplarischer Veranstaltungen zur Anleitung des begleiteten Eigenstudiums (zunächst, aber nicht nur, anhand der obligatorischen Leseliste) und der Selbstbildung. Das Augenmerk richtet sich vor allem auf die Vertiefung konstanter Elemente: der Vertrautheit mit den Sprachen; der Einsicht in die Eigenart philologischer, historischer, philosophischer Fragen; der wissenschaftlichen Verantwortlichkeit und Selbständigkeit im Umgang mit unseren Gegenständen.
Die Formen unserer Veranstaltungen sind im wesentlichen die klassischen: Vorlesung, Seminar, Übung/Lektüre. Daneben stehen auch Blockseminare, Kolloquien, Tutorien, freie Arbeitsgruppen, experimentelle Unterrichtsformen – z.B. ‚Latein z’Mittag‘: regelmässige Treffen mit der Dozentin, die der häufigen Revision und der raschen Lösung grammatischer Fragen dienen. Ausserdem gibt es schon im BA, besonders aber im MA Elemente, die vor allem auf eigenständiger, zwar betreuter, aber wesentlich selbständiger Arbeit beruhen (Leseliste – begleitet durch den Austausch über Fragen, die sich während der Lektüre ergeben; schriftliche Arbeiten); ferner das Forschungskolloquium, in dem Kandidat*innen ihre Abschlussarbeiten vorstellen, die Sitzung leiten und sich in der Diskussion bewähren müssen.
Diese unterschiedlichen Lehrformen erfüllen im Rahmen unserer Studiengänge bestimmte Aufgaben. Die Vorlesung dient der (manchmal einführenden, manchmal von besonderen Forschungsanliegen geleiteten) Entfaltung eines grösseren Zusammenhangs über ein Semester. Sie kann stark dialogischen Charakter haben und wird darüber hinaus gewöhnlich von einer Übung begleitet (auch in Form eines Kolloquiums). – Das Seminar dient der Einübung wissenschaftlichen Arbeitens: sowohl in der Erarbeitung eines Überblicks über einen grösseren Zusammenhang wie auch (wichtiger) in der Behandlung einzelner Probleme, der Formulierung wissenschaftlicher Fragen, der Übung im rechten Gebrauch der einschlägigen Hilfsmittel, der Entwicklung eigener Lösungsvorschläge. – Die Lektüre (in vielem die ‚philologischste‘ Form) kann dem extensiven Kennenlernen eines Autors / einer Gattung dienen, ist aber vor allem der rechte Ort für intensives Lesen: für die Anstrengung, bei jeder Schwierigkeit einzuhalten, sich keine Frage zu schenken, das Lesen vom sprachlichen Grundverständnis und der Textkritik bis zu weitreichenden Fragen der Interpretation bewusst zu machen und in den Bereich des Argumentierbaren zu heben.
Die Evaluationen der Lehrveranstaltungen (und der ‚Leistungskontrollen‘) zeigen ein erfreulich hohes Mass an Zufriedenheit. Eine mögliche Erweiterung unserer Lehrpraxis (vor allem mit Blick auf die recht unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen unserer Studienanfänger*innen) wäre die folgende: eine (zurückhaltend) betreute Leseliste einleitender Werke (Geschichte, Literaturgeschichte, Philosophie) zur Konsolidierung der Grundkenntnisse, durchaus mit einem Test, Punkten, Noten; vielleicht als begleitendes Tutorium neben dem Proseminar.
Die Kommunikation, vor allem die Studienberatung, wirft in unserem (kleinen) Institut keine Probleme auf. Man ist miteinander bekannt, die Wege sind kurz, Anliegen lassen sich rasch und ohne Aufwand behandeln.
Der Blick auf die Berufsmöglichkeiten ergab ein erfreulich reiches Bild. Vom Berner Institut führt der Weg an Schule und Universität; an grössere wissenschaftliche Projekte (Wörterbücher, Editionsprojekte), Bibliotheken, Archive; zu Museen, Verlagen, in das Publikationswesen im weiteren Sinne.
Die Verbindungen zu anderen Disziplinen, Universitäten, Ländern sind lebhaft: in gemeinsamen Veranstaltungen, im Austausch der Dozent*innen und Student*innen, in der Teilnahme an internationalen Unternehmungen.
Entwicklungsmöglichkeiten sieht das Institut in der Pflege dieser Verbindungen – und in der Stärkung des eigenen Fachs in Bern; besonders im Kontakt zu den Schulen und in der Bemühung um die Wiederbelebung des Griechisch-Unterrichts.
Am Ende des Berichts steht eine Reihe von Vorschlägen, von denen ein guter Teil bei Abgabe des Berichts bereits Wirklichkeit geworden war. Der Bericht wurde am 19. Dezember 2022 vom Fakultätskollegium genehmigt.